Grégoire Courtine
Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne, Genf, Schweiz

Welche Mechanismen liegen der räumlich und zeitlich abgestimmten Rückenmarksstimulation zugrunde?

Problem: Eine Halsmarkverletzung unterbindet zahlreiche physiologische Vorgänge. Die Wiedergewinnung von Arm- und Handfunktion hat danach oberste Priorität

Ansatzpunkt:Konzeptuelle und technologische Voraussetzungen schaffen für eine maximale Wiedergewinnung von Hand- und Armfunktion

Zielsetzung:Epidurale Stimulation als Therapie nach einer Halsmarkverletzung etablieren

Ingrid Flick, Kuratoriumsvorsitzende der Friedrich Flick Förderungsstiftung, ließ sich im Juli 2021 von dem Team um Frau Anita Gerhardter, CEO Wings for Life, über das Projekt von Professor Courtine informieren

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Eine hohe Querschnittslähmung beeinträchtigt eine ganze Reihe physiologischer Funktionen. Sie wirkt sich damit dramatisch auf die Lebensqualität der Betroffenen aus. Für diese Patienten hat die Erholung der Arm- und Handfunktion oberste Priorität.

Bei chronisch Querschnittsverletzten ist es den Wissenschaftlern kürzlich gelungen, ein Gehen wieder zu ermöglichen. Sie setzten hierzu eine elektrische Rückenmarksstimulation in Höhe der Lendenwirbelsäule ein und kombinierten diese mit einer Roboter-gestützten Gangrehabilitation. Das Ziel des aktuellen Projektes ist es nun, Konzepte und Neurotechnologie auf das Halsmark zu übertragen. Die Testung erfolgt in einem präklinischen Modell einer Halsmarkquetschung. Dies soll die Wiederherstellung der Arm- und Handfunktion maximieren.

Die Wissenschaftler wollen Protokolle der elektrischen Stimulation entwickeln und hierfür den richtigen anatomischen Ansatzpunkt und zeitlichen Ablauf ermitteln, um Willkürbewegung von Hand und Arm zu ermöglichen.

Diese Protokolle der räumlichen und zeitlichen Stimulation sollen die Rehabilitation von Ziel- und Greifbewegung erleichtern. Dabei kommt zusätzlich eine kürzlich entwickelte Robotertechnik zum Einsatz, die das Training von Hand- und Armbewegungen unterstützt.

Die Wissenschaftler nehmen an, dass die Stimulation mit einer räumlichen und zeitlichen Auflösung, die Reorganisation erhalten gebliebener Nervennetzwerke vorantreibt. Dies soll zu einer anhaltenden Verbesserung der neurologischen Erholung führen. Um das mechanistische Verständnis dieser Technik zu vertiefen, planen die Forscher tiefgehende anatomische und funktionelle Analysen.

Zusammengefasst soll zum einen Reorganisation erforscht werden. Zum anderen geht es um die Identifikation von Schlüsselnetzwerken aus Nervenzellen, die maßgeblich zu einer funktionellen Erholung beitragen. Die Arbeit soll den konzeptuellen und technologischen Rahmen schaffen, um die Funktion nach einer Halsmarkverletzung bei Menschen bestmöglich wiederherzustellen.

 

English Version:

Grégoire Courtine
Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne, Geneva, Switzerland

Elucidating mechanisms underlying functional repair following spatiotemporal stimulation

Problem:Cervical spinal cord injury disrupts a number of physiological functions and recovery of upper limb function is the number one priority

Target: Conceptual and technological framework to maximise restoration of upper limb function

Goal: Transfer the concept and neurotechnologies of electrical stimulation to the cervical spinal cord

Ingrid Flick, Chairwoman of the Board of Trustees of the Friedrich Flick Förderungsstiftung, was informed about Professor Courtine’s project in July 2021 by the team led by Ms Anita Gerhardter, CEO Wings for Life

Cervical spinal cord injury (SCI) disrupts a number of physiological functions, which dramatically impact the quality of life of affected individuals. Recovery of upper limb function is the number one priority for these patients.

The scientists have previously shown that electrical stimulation of the lumbar spinal cord combined with robot-assisted gait rehabilitation restored walking in humans with chronic SCI. The aim of the current project is to transfer these concepts and neurotechnologies to the cervical spinal cord in order to maximise restoration of upper limb function in a preclinical model of cervical contusion SCI.

Specifically, the research group will develop electrical stimulation protocols that are delivered at the correct location and with the correct timing to facilitate the intended upper limb movements. These spatiotemporal stimulation protocols will facilitate rehabilitation of reaching and grasping movements using their newly developed robotic interface that assists upper limb movements during training.

They hypothesise that these spatiotemporal stimulation protocols will promote the reorganisation of residual neuronal pathways, which will translate into a durable improvement of neurological recovery. To further the mechanistic understanding of this treatment, the researchers will perform in-depth anatomical and functional analyses to investigate this reorganisation and identify key neuronal pathways contributing to functional repair.

They expect that this work will establish the conceptual and technological framework to maximise restoration of upper limb function in humans with cervical SCI.

 

Links:

https://www.wingsforlife.com/en/research/elucidating-mechanisms-underlying-functional-repair-following-spatiotemporal-stimulation-4411/

https://www.epfl.ch/labs/courtine-lab/

Bildnachweis: Andreas Schaad, privat